Klubreise and die "Chästeilet" ins Justistal
«Im Justistal, dert zwüsch’ de Flüehne….
Die Vereinsreise vom Jodelklub «Echo vom Kainiz»
…dert möchte i sy, der möcht i gah…» so beginnt das berühmte Justistal-Lied von Adolf Stähli, welches wir schon seit vielen Monaten intensiv geprobt haben. Dies, weil uns die grosse Ehre zuteil wurde, an die berühmte «Chästeilet» und Alpabzug in eben dieses Justistal ob Sigriswil am Thunersee zum Singen eingeladen worden zu sein. Und zwar von Lisa und Sämu, dem Präsidenten der Alpgemeinschaft Spycherberg. Das Paar ist schon lange freundschaftlich mit dem «Echo vom Kainiz» verbunden, hat doch Lisa ihre Wurzeln in Biel-Benken.
Diese Einladung nahmen wir zum Anlass, unsere dreitägige Vereinsreise im schönen Berner Oberland zu verbringen. Es ging also am 3. Freitag im September frühmorgens um 5.00 Uhr mit dem Car los, um alle SängerInnen einzusammeln. Bereits beim Kaffeehalt in Münsingen wurden erste Stimmübungen gemacht. In Sigriswil angekommen, konnten wir uns im Hotel Adler einsingen. Anschliessend bestiegen wir einen umgestalteten Aebi eines urigen Einwohners und schon ging die Fahrt los ins Justistal. Ganz Sigriswil und Umgebung war schon unterwegs, in seltsamen Gefährten und auch viele zu Fuss, es herrschte eine erwartungsfrohe Stimmung. Es war ein klarer, kalter Morgen, aber die Sonne versprach, so nach zehn Uhr im Justistal zu erscheinen.
Wir wurden auf der Alp Spycherberg herzlich begrüsst und durften bereits von dem feinen, diesjährigen Käse probieren.
Die eigentliche Chästeilet, ein Brauch der schon seit bald 300 Jahren so durchgeführt wird, fand um die Mittagszeit statt. Die Jodler und andere Freiwillige bildeten eine Menschenschlange und so wurden die grossen Käselaibe (384 Stück!) aus dem Spycher heraus weitergegeben und vom Senn zu Stapeln à sieben Laibe auf die Bretter aufgetürmt, den gesamten Käse von 120 Tage Alpsommer!
Bevor dann der Senn die Käsestapel per Los an die Kuhbesitzer (nach Anzahl Kühen) verteilte, sangen wir mit Blick auf den Käse und die umliegenden Berge das Justistal-Lied, ein wirklich eindrückliches und einmaliges Erlebnis!
Anschliessend wurde gegessen, getrunken, gesungen, gelacht und das Justistal genauer erkundet. Der Alpabzug der Kühe begann mit der hintersten Alp im Justistal, Alp Spycherberg was als zweitletzte von neun an der Reihe. Und so stellten wir uns am späten Nachmittag auf, um « Es treichelet heizue» zu intonieren, bevor die Kühe schön geschmückt mit Papierblumen den Stall verliessen um ins Tal zu ziehen, ein ebenfalls sehr ergreifender Moment. Hinter den Kühen nahmen auch wir den etwa acht Kilometer langen Weg nach Sigriswil zurück unter die Füsse.
« Eh aber ach, wie tuets mi müje, jetzt scho gäg Sigriswil u hei». So beginnt die letzte Strophe des Justistal-Liedes und einige unserer Sänger haben das wortwörtlich am eigenen Leib zu spüren bekommen. Auf der langen Strecke ins Tal traf man immer wieder nette Berner Oberländer (und auch andere Schweizer), welche jeden zu einem Glas Weisswein oder stärkerem einluden….So wurde es spät in der Nacht, bis alle wieder in Sigriswil ankamen und wir feststellen konnten, dass also nicht mehr alle «singfähig» waren.
«..sinne zrügg und bi so froh, dass i doch geg d’Lengizyti han es Blüemli mit mir gno»
So endet das Justistal-Lied und ich persönlich bin nach diesen Erlebnissen der Meinung, mit «Blüemli» hat Herr Stähli wohl eher «Kräuter» gemeint… So liess ein Teil des Chores den Abend im Restaurant des Hotels ausklingen, während sich andere unter die festfreudigen Einheimischen im Festzelt auf dem Dorfplatz mischten und noch lange mitfeierten.
Am Samstagmorgen, gestärkt nach dem Frühstück (gut geschlafen hatten nicht alle aufgrund von gewissen Lärmemissionen) bestiegen wir bei herrlichem Wetter den Car und waren gespannt, wo und wie wir den Tag verbringen würden. Die Organisatoren der Reise, die «Kainiz Reisen GmbH», bestehend aus Ruedi, Edi und Stefan (und Uwe!) erzählten uns auch bei der Abfahrt nicht, wohin es gehen würde…
So genossen wir die Fahrt durch das schöne Gürbental, der erste Kaffeehalt wurde bei der unteren Gantrisch-Hütte eingelegt. Nur ein paar wenige nahmen den kurzen Aufstieg zum Gantrischseeli unter die Füsse. Michel musste natürlich seinen obligatorischen Schwumm im Bergsee nehmen, dem Vernehmen nach sei es etwa 10, 12 Grad warm gewesen….
Der Car brachte uns dann Richtung Schwarzsee. Unterwegs hielten wir viermal an, um die Alpabzüge aus der Region zu bestaunen. Gegen 1000 Kühe zogen an diesem Tag aus den Bergen nach Plaffeien hinunter! Zweimal gelang es uns rechtzeitig, einen Naturjodel anzustimmen, was die vorbeiziehenden Älpler und Älplerinnen sichtlich erfreut hat.
Am Schwarzsee angekommen, fuhren wir mit dem Sessellift auf den Riggisberg. Nach der kurzen Mittagsrast ging es für die Wagemutigen per Trottinett wieder den Berg hinunter, eine sehr holprige Angelegenheit! Als alle wohlbehalten am Schwarzsee zurück waren, setzen wir uns auf den Steg, welcher halbkreisförmig in den See führt. Wir stimmten das passendste aller Jodellieder an für diesen Moment: «So schön cha das si!»
Den Zuhörern am Ufer hat das so gut gefallen, dass wir auch noch eine Zugabe sangen. Auch hier durfte natürlich Michels Schwumm im See nicht fehlen.
Auf der Rückreise nach Sigriswil machten wir noch einen Halt beim Vreneli, dass alle kennen (obwohl wir dieses Lied nicht singen). Genau, das Vreneli abem Guggisberg! Von dem malerischen Dörfchen aus, stiegen wir den kurzen Weg zum Guggishorn. Ganz zuoberst führt eine steile Metalltreppe zu einer Plattform hoch, von wo aus man einen herrlichen Blick auf das Umland bis nach Bern hatte! Dort mussten wir natürlich auch ein passendes Lied anstimmen. Auf dem Abstieg zurück packe Andi auf einer schönen Matte sein Alphorn aus. Wir genossen die wunderbaren Klänge mit Blick auf die herrlichen Täler, sanften Hügel und Wälder. So fuhren wir zufrieden zurück nach Sigriswil, wo wir ein sehr gutes Abendessen miteinander genossen und bald schon müde ins Bett fielen.
Am Sonntag wurden die Koffer wieder gepackt und der Car brachte uns nach Thun. Dort erwartete uns Barbara, eine einheimische Stadtführerin mit charmantem Berndeutsch zu einer Führung.
Wir sahen die Aare, Aareinsel mit Brücken, die Altstadt und sausten dann per Lift auf den Schlossberg. Wir besichtigten das beeindruckende Schloss mit dem herrlichen Holz-Dachstuhl. Im grossen Saal, welcher für Konzerte genutzt wird, mussten wir natürlich die Akustik mit einem Lied ausprobieren, es klang also wirklich fantastisch.
An diesem Sonntag fand in Thun das jährliche Volksfest «Ausschiesset» des Kadettenvereines statt. Neben einem Festumzug und Musikvorträgen wird tatsächlich mit der Armbrust über die Köpfen der Besucher hinweg auf Ziele geschossen! Barbara hat uns auch die Tradition des «Fulehung» erklärt («fauler Hund», für alle, welche nicht berndeutsch sprechen), welche dann am Montag stattfinden würde. Es war eine interessante und tolle Führung, vielen Dank dafür!
Nach einem feinen Mittagessen auf einer Gartenterasse eines Italieners auf der Aareinsel ging es dann bereits wieder heimwärts zu. Zwecks Umfahrung des obligatorischen Staus auf der A1, genossen wir die idyllische Fahrt durchs Emmental. Natürlich mit einer Extrarunde durch Sumiswald, der alten Heimat von Ruedi und Elisabeth.
Und so geht auch die schönste Reise irgendwann zu Ende…
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Barbara, unserer Dirigentin, welche in so vielen Proben die Lieder mit uns eingeübt hat, einmal sogar beim Kainiz oben, zwecks «Outdoor-Übung». Herzlichen Dank an Dominik, welcher uns auf der Reise musikalisch geleitet hat und an Lisa und Sämu für die Einladung!
Der allergrösste Dank geht an die «Kainiz Reisen GmbH», Ruedi, Edi und Stefan für die Organisation dieser einmaligen Reise, sie wird noch lange in uns allen
nachklingen!
(und auch das Justistal-Lied werden wir in Zukunft mit ganz neuen Bildern im Kopf singen können!)
Ines Jäggi, 1. Tenor